100 Jahre Berufsschule Miltenberg, ein stol-zes Alter! Herzlichen Glückwunsch zum gro-ßen Jubiläum! So weit reichen die Relikte aus unserer Abteilung nicht zurück, aber ein hal-bes Jahrhundert hat mancher Versuchsstand, Mess- oder Netzgerät auch schon auf dem Buckel! Mit gewissem Stolz verwenden wir sie aber weiterhin und ersetzen sie nicht ein-fach durch moderne Technik…natürlich nur da, wo es auch sinnvoll ist!
Wir, das Kompetenzzentrum SHK der Berufsschule Miltenberg - genauer ge-sagt die Abteilung der Anlagenmecha-niker Sanitär-, Heizungs- und Klimate-chnik - die Schüler nicht nur aus dem Landkreis Miltenberg, sondern auch aus dem Aschaffenburger Kreis unterrichtet. Die zum Großteil jungen Männer und leider nur ganz wenige Damen kommen sehr zahlreich! So hatten wir in den letzten Jahren immer um die 60 Berufseinsteiger, die dem Fachkräftemangel die Stirn bie-ten!
Das klingt eigentlich sehr gut. Nur wenn man an die Zeit zu-rückdenkt, in der noch Heizungsbauer und Wasserin-stallateur in Miltenberg und in Aschaffenburg unter-richtet wurden und beide Berufsgruppen jeweils zwei Klas-senzimmer gefüllt haben, wird man die aktuellen Zahlen an-ders interpretieren müssen.
Die Zusammenlegung der beiden Berufe zum Anlagenme-chaniker*in SHK und die Konzentration auf einen Standort waren bedingt durch die damals schon rückläufigen Schüler-zahlen. Dadurch kamen 2003 die Aschaffenburger Anlagen-mechaniker nach Miltenberg und die Elektriker mussten dafür nach Aschaffenburg übersiedeln.
Diesem Bündnis folgte ein neuer Lehrplan sowie ein neues Unterrichtskonzept. Gab es früher die Fächer „Technisches Zeichnen“, „Fach-Mathematik“ und „Fach-Theorie“, so wird heute im Lernfeldkonzept unterrichtet. Wurden damals einzelne Themen nach-einander abgearbeitet, so gibt es mit der Neuerung be-rufsbezogene Handlungssituationen, die die Schüler*in-nen in reale Aufgabenstellungen versetzen sollen, in de-nen sie Kundenaufträge durchführen. Damit werden die Schülerinnen und Schüler zur Erfüllung der spezifischen Aufgaben im Beruf sowie zur Mitgestaltung der Arbeits-welt und der Gesellschaft in sozialer, ökonomischer und ökologischer Verantwortung, insbesondere vor dem Hin-tergrund sich wandelnder Anforderungen, befähigt. Hier-bei ist viel Eigeninitiative und nicht ausschließlich der leh-rerzentrierte Unterricht gefragt. Gruppenarbeiten, Metho-denwechsel und Präsentationen stehen auf der Tages-ordnung. Die Werkzeug- und Methodenkoffer für die Um-setzung des Lernfeldgedankens sind prall gefüllt.
Um diese gewaltigen Herausforderungen auch praktisch umsetzen zu können, benö-tigen wir nicht nur ausreichend Knowhow, sondern natürlich auch die passenden Rahmenbedingungen in Form einer entsprechenden Lernumgebung. Trotz der – seit Corona – sehr rasant fortschreitenden Digitalisierung darf natürlich ein weiteres Re-likt aus vermeintlich vergangenen Tagen nicht fehlen…die Kreidetafel…, die wir un-bedingt in unseren Klassenzimmern für das klassische Tafelbild, schnelle Notizen so-wie das Einbringen der Schüler erhalten wollten. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie sogar bei einem möglichen Stromausfall noch funktionieren würde! Natürlich ver-schließen wir uns der modernen Technik keinesfalls und haben unsere Tafeln jeweils in ein Smartboard und eine Riesenleinwand mit Laserbeamer eingebettet.
In den Werkstätten haben wir ebenfalls eine Symbiose aus Moderne und Antike, eine moderne Wärmepumpe, Gasbrennwertgeräte oder eine Wilo-Brain-Box, zur Veranschaulich eines Heizungssystems mit neuesten Hocheffizienzpumpen direkt neben historischen Versuchsständen zur Demonstration des Rücksaugens oder ei-nem alten Ölbrenner.
In der Steuer- und Regelungstechnik nutzen wir unter anderem modular aufgebaute Versuchsstände, bei den die Schüler je nach Wissensstand und Können selbstständig voranschreiten können. Das Themenfeld „Smart Home“ mit intelligen-ten Heizkörperthermostatventilen oder internetfähigen Heizkesseln zur komfortablen Bedienung oder Ferndiagnose hat bereits Einzug in den Unterricht gehalten. Es wird weiter enorm an Stellenwert, sowohl im realen Leben als auch in der Unterrichtsge-staltung gewinnen, da wir in naher Zukunft einen Integrierten Fachunterrichtsraum, kurz Ifu, in der Metallabteilung erhalten werden. Dieser wird mit weiteren Smart Home Komponenten wie einer Licht-, Rolladen- oder Sprachsteuerung sowie diver-sen Kompaktmodellen für Solarthermie, Fußbodenheizung oder Lüftungsanlage aus-gestattet werden.
Das Arbeiten in den Werkstätten und den Integrierten Fachunterrichtsräumen ist na-türlich nur in kleinen Gruppen von maximal 16 Schüler sinnvoll. Da liegt es nahe, dass diese Teilungen der Klasse nur bei ausreichender Lehrerversorgung möglich ist. Nicht so nah waren aber die benötigten Lehrer. Jahrelang mussten ex-terne Lehrkräfte wie Meister aus dem Fachhandwerk aushelfen, damit ein Minimum an Werkstattunterricht absolviert werden konnte. Dazu zählten ehemalige Kollegen, Obermeister oder Schüler, die uns dabei unterstützt haben. Ab dem nächsten Jahr werden wir unserem Ziel, die Anlagenmechaniker im Fach- und Praxisunter-richt, in Politik und Gesellschaft sowie in Deutsch mit Lehrkräften aus der Metallabtei-lung zu unterrichten, ein großes Stück näher kommen, da sich unser Team um zwei ehemalige Referendare und einen unserer ehemaligen Schüler - der momentan in der Fachlehrerausbildung ist - erweitert hat. Wir sind also für die Zukunft gewappnet!
Danke an dieser Stelle für die Unterstützung aus den anderen Abteilungen!
Fakt ist zwar, dass…
in dieser Schule jeder Tag spannend ist: regnet es heute wieder durch die Lichtkup-pel in die aufgestellten Mülleimer? Wann fällt das nächste schwer zu schließende Fenster einfach so ins Klassenzimmer? Läuft der Druckspüler in der Toilette wieder in Dauerschleife oder fällt dort die Klinke ab und der Schüler ist wieder eingesperrt? Welche Lehrkraft fällt heute wieder kurzfristig aus…
Unser Fazit aber lautet, dass…
wir Metaller gerne in die Berufsschule Miltenberg gehen, da sie mehr als nur ein altes Gebäude ist, da hier ein familiäres Klima und Teamgeist herrschen, Freundschaften fürs Leben geschlossen wurden, hier und da zwar gestritten, aber auch wieder ver-söhnt wird und vor allem Menschlichkeit eine große Rolle spielt…Außerdem haben Kabelbinder und ein bisschen Silikon schon ganz andere Baustellen gerettet!
In diesem Sinne wünschen wir der Berufsschule in Miltenberg weitere 100 er-folgreiche Jahre, ob nun in diesem oder einem neuen Gewand!
Thomas Endres, StR
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